START DER TALKS AT ATELIER GARDENS: EINE UNTERHALTUNG MIT SATISH KUMAR

START DER TALKS AT ATELIER GARDENS: EINE UNTERHALTUNG MIT SATISH KUMAR

Es ist Donnerstagabend, fast 19 Uhr. In TON1 wird leise getuschelt. Eben noch waren die knapp 90 Gäste, die es an diesem Abend auf unseren Atelier Gardens Campus verschlagen hat, in muntere Gespräche vertieft. Doch jetzt werden die letzten Kokoswasser-Rosmarin Mocktails ausgetrunken und zur Bar zurückgebracht, und die Aufmerksamkeit des Raums richtet sich auf einen älteren Mann in Kurta, welcher die Bühne betritt.

Das Thema an diesem Abend, dem ersten der Veranstaltungsreihe „Talks at Atelier Gardens“, die fortlaufend in den nächsten Monaten auf dem Campus stattfinden werden, ist „Soil, Soul and Society“ – also Erde, Seele und Gesellschaft. Hinter dieser Idee steht Satish Kumar, der 86-jährige, der nun auf der Bühne sitzt. „Um wahrhaftige Veränderung herbeizubringen, müssen wir in Harmonie mit der Erde, uns selbst, und anderen leben“, erklärt der Aktivist. Er träumt von einer Welt, in der Natur als Nationalität gilt, in der Diversität nicht zu Zerteilung führt, und in der die „wir“-Kultur die „ich“-Kultur ersetzt.

Ein Leben für die Spiritualität

Kumars Leben steht symbolisch für seine Vision. Als Teenager wird er schon Jain Mönch und verzichtet in seinen Worten auf „die Welt“. Doch mit 18 erkennt er, dass es sich dabei um eine sehr exklusive Version der Spiritualität handelt. Er flieht aus dem Kloster und schließt sich einer Ashram an, in der alles für alle gemacht wird statt für einen selbst.

Mit 26 erfährt Kumar dann von der Verhaftung des damals 90-jährigen Bertrand Russels, welcher gegen nukleare Waffen protestiert hatte. „Ich sprach mit einem Freund und fragte ihn: ‚Und was machen wir hier, zwei junge Männer, während ein 90-Jähriger aktiv demonstriert?‘“, erzählt Kumar. Und so beschließen die beiden, in die vier Nuklearhauptstädte (Moskau, Paris, London, und Washington) zu wandern – zu Fuß und ohne Geld, denn „Friede beginnt mit Vertrauen“.

Aktivismus als Lösung

Bis heute ist Kumar ein überzeugter Aktivist. „Ich kann zwar nicht steuern, wozu meine Handlungen führen, aber ich kann meine Handlungen steuern“, sagt er. Dass die Ergebnisse als Geschenk des Universums geschähen, müsse man akzeptieren, auch wenn das frustrierend sein könne. So läge die Verantwortung bei jedem und jeder einzelnen von uns – jede*r könne zum Beispiel eine Pflanze an sein Fenster stellen, und somit dazu beitragen, dass die Stadt ein kleines wenig grüner werde.

Worte, die in den Atelier Gardens Widerhall finden. Denn hier dreht sich alles um Erde, Seele, und Gesellschaft: nicht umsonst ist das Motto unseres Campus „Celebrating Soil, Soul and Society“. Benjamin Rodrigues Kafka, unser Vision und Community Direktor, der den Atelier Gardens Talk mit Satish Kumar moderiert, erzählt wie aus den 7 Bäumen, die es hier 2016 gab, mittlerweile 120 geworden sind. Für diese und weitere Bemühungen im Regenerationsprozess des Campus erhielt Atelier Gardens 2023 den MIPIM Award für das beste Stadterneuerungsprojekt. Mehr dazu, gibt es hier zu lesen.

Das vollständige Gespräch hier an:

Farmer For A Day

Gesunde, frische Lebensmittel sind ein Grundbedürfnis, das uns alle täglich verbindet. Doch viele fühlen sich von der Lebensmittelproduktion entfremdet, aufgrund von Skandalen und undurchsichtigen Lieferketten. Ein wachsender Teil der Gesellschaft sehnt sich jedoch nach einer tieferen Verbindung zur Natur und der Herstellung von Lebensmitteln. Die Tiny Farms Academy reagiert auf diese Bedürfnisse, indem sie einen neuen Ansatz im Bereich des Biogartenbaus anbietet. Ihr neunmonatiges Bildungsprogramm richtet sich gezielt an Quereinsteiger:innen und zielt darauf ab, Menschen mit den erforderlichen Fähigkeiten und Kenntnissen auszustatten, um bio-intensives Gärtnern zu erlernen, eigene landwirtschaftliche Projekte umzusetzen oder als Wegbereiter:innen der Nachhaltigkeit in anderen Bereichen der Gesellschaft aktiv zu werden.

Als Teil unseres Angebots freuen wir uns, das bevorstehende Programm “Farmer For A Day” der Tiny Farms Academy anzukündigen. Diese Veranstaltung bietet Teilnehmer:innen die Möglichkeit, in die Welt des Market Gardenings reinzuschnuppern und im Rahmen des 1,5-tägigen Programms erste praktische Erfahrungen zu sammeln. Das Programm umfasst dabei eine digitale Einführung mit theoretischen Grundlagen an Tag 1 gefolgt von einem Tag auf der Farm mit einer Vielzahl von Aktivitäten, darunter eine Farmführung, praktischen Übungen auf dem Feld sowie nützlichen Tipps & Tricks für die Gartenpraxis von erfahrenen Gärtner:innen und Möglichkeiten zum Austausch.

Das Farmer For A Day-Programm findet sowohl an unserem Standort in Brandenburg als auch in Hamburg statt (Anmeldefrist 24.06.24):

Brandenburg:
01.07.24 (Digitale Einführung, 17:30-20:00 Uhr)
05.07.24 (Farmtag, 9:00-16:30 Uhr)

Hamburg:
01.07.24 (Digitale Einführung, 17:30-20:00 Uhr)
12.07.24 (Farmtag, 9:00-16:30 Uhr)

Die Teilnahmegebühr beträgt 170 Euro, inklusive eines gemeinsamen Mittagessens auf unserer Farm.

Wir laden alle Interessierten ein, mit uns gemeinsam anzupacken und Impulse für eine umweltbewusstere Landwirtschaft zu bekommen.

Für weitere Informationen und zur Anmeldung besuchen Sie bitte unsere Website unter tinyfarms.de/farmer-for-a-day

Über Tiny Farms: Das Ziel von Tiny Farms ist eine vielfältige, dezentrale und von vielen Menschen getragene Landwirtschaft nach menschlichem Maß. Damit will Tiny Farms Bio in die Breite tragen und mit vielen Tiny Farmen für Kantinen, Handel, Gastronomie und Endverbraucher:innen bestes Biogemüse erzeugen und damit zeigen, dass eine andere Landwirtschaft möglich ist. Tiny Farms orientiert sich am Market Gardening als einer ökologischen Anbaumethode auf kleinster Fläche. Durch intensive Pflege und effiziente Nutzung der Anbaufläche produzieren wir frische, gesunde Bio-Produkte für lokale Märkte, fördern eine lebendige Community und reduzieren ökologische Auswirkungen.

Soil Social Club

900 Liter. So viel Terra Preta hat der Soil Social Club im letzten Jahr aus dem Küchenabfall auf dem Campus kreiert. Für die weniger Gartenaffinen unter uns: Terra Preta ist eine besonders fruchtbare Form der Erde, welche man eigentlich im Amazonasbecken findet, man aber auch selbst aus Kompost und Holzkohle herstellen kann. Nun, über ein Jahr nachdem der erste Kompost gesammelt wurde, wird die Terra Preta genutzt, um auf unserem Campus Kräuter und Gemüse anzupflanzen.

Mehr als nur Erde

Die Idee für den Soil Social Club kommt Benjamin Rodriguez Kafka, unserem Vision and Community Direktor, vor etwas über einem Jahr. Er will wissen, ob man aus den 120 Litern Küchenabfall, welche in unserer Campuskantine wöchentlich entstehen, noch etwas anfangen kann – und denkt sofort an Ayumi Matzusaka. Die Künstlerin und Gründerin von Dycle, das seit Anfang des Jahres auch bei uns auf dem Campus sitzen, bringt etwa 10 Jahre Erfahrung im Herstellen von Terra Preta mit.

Mit Matzusaka entsteht die Idee eines monatlichen Treffens auf dem Campus, bei dem all diejenigen, die Lust haben, dabei helfen können, Kompost in Terra Preta zu verwandeln. So soll ein größeres Ziel verfolgt werden: „Wir wollen unsere Hände nutzen und durch physische Aktivität mehr Verbundenheit zur Natur aufbauen“, erklärt Matzusaka. Außerdem will sie allen so ermöglichen, den Campus mitzugestalten und am Campusleben teilzuhaben.

Ein gelebtes Campusmotto

Seit Januar 2021 findet also dieses monatliche Zusammentreffen statt. Mehrere Kubikmeter Terra Preta wurden kreiert und erst letzten Monat wurden darin Spinat, Tomaten, Kürbisse, Kohlrabi und noch viel mehr gepflanzt. Alle Pflanzen stammen von einer Wunschliste, welche die Teilnehmer Anfang letzten Jahres erstellten. So wird bei uns auf dem Campus das Motto Soil, Soul and Society gelebt!

Um mehr über Matzusaka, Dycle, und unseren Campus insgesamt herauszufinden, könnt ihr hier weiterlesen. Und um auf dem Laufenden zu bleiben, was für Veranstaltungen anstehen, könnt ihr hier unseren Newsletter abonnieren.

Garten dem Namen nach, Garten der Natur nach – aber woher kommt das Wasser?

Durch ein radikales Begrünungskonzept beherbergt der Campus von Atelier Gardens viele Arten von Bäumen, Sträuchern und Pflanzen. Sonst wäre es ja kein Garten! Viele der von den Harris Bugg Studios sorgfältig geplanten Pflanzen auf dem Gelände sind trockenheitsresistent, aber ein Teil der Bepflanzung benötigt dennoch Wasser. Um den Bedarf an Trinkwasserquellen zu begrenzen, wurden – ganz im Sinne des Nachhaltigkeitskonzepts des Campus – Maßnahmen ergriffen, um das Regenwasser vor Ort aufzufangen. Dieser Ansatz spiegelt nicht nur die Nachhaltigkeit wider, sondern steht auch im Einklang mit den Grundwerten von Soil, Soul, Society und Celebration von Atelier Gardens.

Nun zu den konkreten Details:

Für das Gelände der Ateliergärten sind insgesamt drei Regenwassersysteme geplant. Der Prototyp ist die Regenwasserbewirtschaftungsanlage im Westen. Hier werden vor allem Teile der Dachflächen von Atelier 1, Atelier 2 und Haus 9 sowie ein sehr kleiner Teil der (noch) versiegelten Verkehrsfläche an die Zisterne (West) angeschlossen.

Um die hygienische und ästhetische Unbedenklichkeit des Regenwassers für die Toilettenspülung und die Gartenbewässerung zu gewährleisten, wurde über die Qualität und Beschaffenheit der jeweiligen Niederschlagswassereinzugsgebiete hinaus ein mehrstufiges Reinigungsverfahren realisiert.

1. der Schlammfang hält grobe Schwimmstoffe und Schmutz zurück.
2. der beruhigte Zufluss in den Schlammfang begünstigt, dass sich feinste Schmutzpartikel am Boden absetzen können und gleichzeitig verhindert wird, dass das einströmende Wasser das Sediment wieder aufwirbelt.
3. Schmutzpartikel, die leichter als Wasser sind (z.B. Pollen), schwimmen auf der Wasseroberfläche. Wenn das Regenwasser in die Zisterne überläuft, verhindert der so genannte Überlaufsiphon, dass diese schwimmenden Schmutzpartikel in die Tanks gelangen, was für eine gleichbleibend klare und frische Wasserqualität wichtig ist.
4. Die Regenwasserpumpe saugt das Regenwasser über einen schwimmenden Zulauf im oberen Teil der Zisterne an. Hier befindet sich die beste Wasserqualität (ca. 10 cm unter der Wasseroberfläche).
5. Da das Regenwasser zum einen für die Toilettenspülung und zum anderen für die Tröpfchenbewässerung verwendet wird, muss verhindert werden, dass Fremdpartikel >100 μm (= Feststoffe wie Rostpartikel oder Sandkörner) Korrosionsschäden in Leitungen und Armaturen verursachen. Der Einbau des Rückspül-Feinfilters verhindert solche Betriebsstörungen.

Alle angeschlossenen Verbraucher werden über ein separates Leitungsnetz versorgt, das vom Trinkwassernetz vollständig getrennt ist. Eine automatisch gesteuerte Pumpe pumpt bei Bedarf Wasser in das Leitungsnetz. Wird das Regenwasser knapp, wird es aus dem Trinkwassernetz gespeist.

Neben der Sammlung und Nutzung müssen auch Regenereignisse berücksichtigt werden, die zum Überlaufen der Zisternen führen. Die realisierte Systemlösung umfasst daher Versickerungsgräben, um das Regenwasser zu versickern und in den natürlichen Wasserkreislauf zurückzuführen.

Auch wenn Sie die unterirdischen Auffangzisternen nicht sehen können, werden Sie im Frühjahr die Auswirkungen auf den Garten sehen können! Kommen Sie vorbei und überzeugen Sie sich selbst!

Eine Reise zur Verbreitung zukunftsfähigen Unternehmertums

Sie sind in TON1 versammelt, um sich für ein neues Zeitalter des Unternehmertums einzusetzen: Vertreter:innen aus dem Nachhaltigen Unternehmertum, dem Umweltschutz und der Gründer-Szene, aber auch Student:innen tummeln sich zwischen den kleinen Stehtischen und den Stuhlreihen. Sie alle wollen eine lebenswerte Zukunft für Menschen und Gesellschaft schaffen. Seit 2015 fährt das Kollektiv Kreatives Unternehmertum (KU) einmal jährlich durch diverse Städte Deutschlands, der Schweiz und Österreichs, um seine Botschaft des Gesellschaftsgestaltertums zu verbreiten.

Die erste Haltestelle dieser Straßenschau, die seit letztem Jahr von der Straße auf die Schienen umgestiegen ist, befindet sich dieses Jahr Berlin. Dass TON1 als Treffpunkt für die Veranstaltung „Übersättigung – Was kommt nach einer Gesellschaft, in der alles da ist?!“ gewählt wurde ist kein Zufall. Als Entwicklungsraum für soziales und regeneratives Unternehmertum eignet sich der Campus der Atelier Gardens perfekt, wie auch unser Campus Director, Selim Pekin Güngör, unterstreicht.

Systemwandel mitgestalten

„Wir befinden uns in einer Zeit, in der Umbrüche an der Tagesordnung sind“, sagt KU-Geschäftsführer Manuel Binninger – dieser Bedarf an Veränderung zieht sich durch den ganzen Abend. Nina Breu, Geschäftsführerin Wirtschaft und Gesellschaft bei Greenpeace Deutschland, plädiert in ihrem Vortrag zum Beispiel für einen Systemwandel der Wirtschaft, um ökologische, soziale und demokratische Probleme im Zusammenhang mit Kapitalismus zu lösen. Auch Sebastian Fittko, Gründer der Initiative regenerative Marktwirtschaft wünscht sich ein ganzheitliches und symbiotisches Wirtschaften, was nicht allein auf das Wachstum des Bruttoinlandprodukts ausgerichtet ist.

Im Anschluss gibt es Naturwein vom ökologischen Produzenten Nature’s Calling und Leckerbissen aus der Brandenburgischen Umgebung. Bei einem Stück Bauernbrot mit Safranbutter können sich die ca. 60 Gäste (größtenteils Unternehmer:innen) zu ihren eigenen Ideen austauschen. Denn darum geht es KU: „Wir verstehen uns als Unternehmertum-Universität“, sagt Binninger. Sie wollen Unternehmen helfen, ihre Aktivitäten im Einklang mit Menschen markwirtschaftlich umzusetzen.

So endet also die erste von sieben Haltestellen der diesjährigen KU-Straßenschau in einem fröhlich interessierten Stimmengewirr. Nächster Halt: Hamburg mit dem Thema „Vom Ich zum Wir: Welche Kooperationen braucht die Zukunft?“. Doch auch bei uns in den Atelier Gardens geht die Geschichte des regenerativen Unternehmertums weiter.

Um mehr über Kreatives Unternehmertum zu erfahren, klicke hier.

Imaginary Dinner bei Atelier Gardens

Das Imaginary Dinner ist ein einzigartiges Networking-Event, das durch immersives Design zum Nachdenken über unsere gemeinsamen Zukünfte anregen möchte.

Das Konzept wurde von der in Lissabon ansässigen transformativen Designagentur With Company entwickelt, die ihre Wurzeln in Berlin hat.

Für die 2. Ausgabe dieses immersiven Dinners kooperierte With Company mit dem Berliner Campus Atelier Gardens, der Vorreiter*innen des Wandels und nachhaltiges Unternehmer*innentum fördert.

Inés Lauber und Roots Radicals sorgen für das passende Catering-Konzept mit bewährtem Kreislauf- und Upcycling-Ansatz.

Am gemeinsamen Tisch saßen: Umweltanwält*in, ein*e leidenschaftliche Botaniker*in, die Roboterkatze der Geschäftspartner*in, ein Algorithmus, ein hundertjähriger Baum… sowie zahlreiche weitere Akteur*innen aus dem Bereich der Zukunftsarchäologie.

Inspiriert von Techniken des Live Action Role Play wurden Schlüsselfiguren der lokalen Transformationsökonomie-Szene zum Imaginary Dinner eingeladen, um die ihnen zugewiesenen Rollen zu spielen und extreme Zukunftsszenarien vorzustellen.

Manchmal transzendierten wir die Realität, dann wieder erforschten wir das Wesen der menschlichen Natur. Im Rahmen dieser kollektiven Untersuchung sondierten wir die potentiellen Gestaltungsmöglichkeiten zukünftiger Systeme.

Dies führte zu dynamischen Diskussionen, in denen unterschiedliche Standpunkte respektvoll eingebracht und Extreme ausgelotet wurden. Wir experimentierten mit Allianzen und Möglichkeitsräumen, die unsere kollektive Vorstellungskraft, unsere Kultur und unser Bestreben widerspiegeln, diese Zeiten des Wandels zu meistern.

Meet Changing Cities

CHANGING CITIES

Die Mission von Changing Cities konzentriert sich auf die Gestaltung lebenswerter Städte. Sie schaffen ein Bewusstsein für zivilgesellschaftliche Probleme und setzen kreative Aktionen um, die Menschen dazu inspirieren sollen, selbst Veränderungen anzustoßen. Changing Cities unterstützt die Stadtbevölkerung dabei, sich in einer Vielzahl von Kampagnen und Initiativen zu engagieren. Sie bringen ihre Expertise in den politischen Diskurs ein, um die Rahmenbedingungen für die Verkehrswende vor Ort, auf Quartiersebene, bis hin zur landes- und bundespolitischen Ebene zu schaffen.

Atelier Gardens hat sich mit Changing Cities zusammengesetzt, als sie letztes Jahr auf den Campus gezogen sind. Weitere Informationen über die Arbeit von Changing Cities finden Sie hier:

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An einem verschneiten Februartag Anfang dieses Jahres erreichen knapp 40 vollgepackte Lastenräder unser Gelände. Es handelt sich um Changing Cities, den neuesten Mieter der Bürogebäude auf dem Komplex der Atelier Gardens. Der Verein, den manch eine:r noch mit dem Fahrrad-Volksentscheid in Berlin in Verbindung bringen wird, wurde 2016 gegründet. Die Motivation der Mitglieder? Radfahren komfortabel und sicher machen.

Ranghild Sørensen, Pressesprecherin von Changing Cities, erzählt der Verein habe damals innerhalb von dreieinhalb Wochen 100.000 Unterschriften für den Volksentscheid gesammelt. Dass die Stadt für eine Mobilitätswende bereit gewesen sei, erkennt auch die Regierung, und legt kurz darauf das Mobilitätsgesetz vor. Changing Cities setzt mit dem Volkentscheid eine Bewegung in Gang: heute, knapp 7 Jahre später, wurden in Deutschland über eine Million Unterschriften für weitere 54 Radentscheide gesammelt. Laut Sørensen ist das einer der größten Erfolge des Vereins: „Verkehrspolitik bleibt nicht mehr den Experten überlassen, sondern sie wird im öffentlichen Diskurs debattiert“.

Hin zur Umverteilung des öffentlichen Raums

Doch Changing Cities muss schnell einsehen, dass es mit der Verabschiedung des Mobilitätsgesetzes nicht getan ist. „Für die Umsetzung braucht es einen politischen Willen“, sagt Sørensen. Und der sei momentan nicht ausreichend vorhanden. Von den 2698 Kilometern Radweg, welche laut Mobilitätsgesetz bis 2030 gebaut werden sollten, wurden bis Januar 2023 gerade mal 113 Kilometer fertiggestellt – knappe 4,2 Prozent. Das entgeht einem Radnetz Monitoring.

Es braucht neue Ideen, also fängt der Verband von vorne an. Wieder wird eine Umverteilung des öffentlichen Raums über das Bottom-Up-Prinzip versucht, ausgehend von den Bürgern. An Barcelona inspiriert entsteht die Kiezblock-Kampagne: der Durchgangsverkehr soll aus den Kiezen herausgehalten werden, wodurch die Lebensqualität der Einwohner steigen soll. Eine ähnliche Idee verfolgt der Verein mit der Schulzonen-Kampagne. Hier soll durch einfache Maßnahmen die Schulwegsicherheit für Kinder garantiert werden. „Es gibt Schulen, die sieben Jahre für einen Zebrastreifen gekämpft haben und immer noch warten“, sagt Sørensen.

Großdemonstration gegen den Stopp des Ausbaus der Fahrradwege, 2. Juli 2023

Eine geteilte Philosophie

In den neuen Büros südlich vom Tempelhofer Feld fühlt sich das zwölfköpfige Team wohl. Mit dem Motto des Campus, „Soil, Soul, and Society“, kann sich der Verein gut identifizieren, weil es dessen Ambition, den öffentlichen Raum neu zu definieren, spiegelt. Vor allem im Gesellschaftsaspekt sieht Sørensen eine Überschneidung mit den Versuchen von Changing Cities, die Art und Weise des Miteinanderumgehens zu verändern.

Dadurch dass Changing Cities noch so neu ist, gibt es bislang kaum Berührungspunkte mit der Community der Atelier Gardens, doch gerade im Sommer erhofft sich der Verein viel von den Grünflächen außerhalb der Büros. „Wir wollen hier Treffen mit Ehrenamtlichen abhalten, in der Zukunft eventuell auch Konferenzen“, sagt Sørensen. Auch das Kino bietet interessante Möglichkeiten. Um auf dem Laufenden zu bleiben, und keine der Ereignisse in den Atelier Gardens zu verpassen, klicke auf diesen Link.

Von erfolgreicher Fernsehproduktionsstätte zu den heutigen Atelier Gardens

Filmproduktion in den Nachkriegsjahren.

Die 1960er Jahre brechen ein, und die Filmindustrie muss dem auftreibenden TV-Geschäft gegenüber ein wenig einbüßen. Spürbar macht sich das auch in den Filmstudios der Oberlandstraße, wo die Ufa Verluste im Millionenbereich macht. Nachdem die Ateliers mitsamt dem zu dem Zeitpunkt auf ca. 500 angewachsene Personal beinahe vom ZDF aufgekauft werden, wird 1963 dann doch die Berliner Universal-Film-Atelier GmbH & Co. KG (kurz BUFA) zum endgültigen Käufer.

Trotz turbulenter Zeiten wird in Tempelhof weiterhin deutsche Filmgeschichte geschrieben. Im Jahr des Verkaufs an die BUFA wird hier zum Beispiel Walt Disneys „Emil und die Detektive“ gedreht. Auch Szenen aus den Karl-May-Filmen „Der Schut“ oder „Der Ölprinz“ werden hier produziert und ziehen Namen wie Terence Hill oder Winnetou-Darsteller Pierre Brice in die Ateliers.

In diesen Zeiten laufen Synchronarbeiten auf Hochtouren. Synchronisiert werden in der Oberlandstraße zum Beispiel „Zwei sind nicht zu bremsen“ mit Bud Spencer und Terence Hill oder „Dirty Dancing“, sowie diverse britische und amerikanische Serien.

Der Anbruch der Fernseh-Ära

An Filmen wie „Didi – Der Doppelgänger“, welcher von der Ufa zusammen mit dem ZDF produziert wird, erkennt man, dass das Fernsehen eine größere Rolle einnimmt. Heutzutage eine gängige Praxis, ist die Kofinanzierung von Filmen durch die Filmindustrie und das Fernsehen damals noch ein Novum. Der Film zieht 1984 an die 2,2 Millionen Zuschauer in die deutschen Kinohäuser und lässt wenig Zweifel an dem Erfolg des neuen Brauchs.

Doch auch als solches wird das Fernsehen immer präsenter. 1963 schließen die Tempelhofer Ateliers einen Vertrag mit dem ZDF, das von da an zum unbefristeten Dauermieter der Halle TON 4 wird. In dem sogenannten „Aktualitätenstudio“ entstehen Sendungen wie „Kennzeichen D“ oder das „Nachtstudio“, welche über Jahrzehnte laufen und die deutsche Fernsehlandschaft ausschlaggebend prägen.

Legenden des deutschen Fernsehens

Die 1969 startende Produktion von der ZDF-Hitparade wird rapide zum größten Erfolgssymbol des Fernsehens in der Oberlandstraße: 22 Millionen Menschen schauen sich die Sendungen im Schnitt an! Bis 2000 wandert die Hitparade einmal quer durch die Ateliers und wird mal in TON 6, mal in TON 3, 1, 2, oder 5 gedreht. Durch die Sendung werden sowohl die BUFA als auch die Ateliers der Oberlandstraße bekannt, denn die Fans warten regelmäßig vor den Studios auf die Stars.

Ähnlich erfolgreiche Produktionen werden auch die über beinahe zwei Jahrzehnte laufende Quiz-Sendung „Der große Preis“ mit Wim Thoelke und der zwischen 2013 und 2017 aufgenommene „Circus HalliGalli“ mit Joko und Klaas.

Die Oberlandstraße in der Gegenwart

Und heute? Die Hallen der Atelier Gardens stehen zwar nicht mehr im Zentrum der deutschen Filmgeschichte, wie es vor knapp 100 Jahren noch der Fall war, mischen aber nach wie vor bei bedeutenden Filmproduktionen mit. 2018 ist zum Beispiel Netflix zum Dreh von Szenen aus „Skylines“ zu Gast, 2019 Amazon mit „Wir Kinder vom Bahnhof Zoo“. Auch das sogenannte Dubbing-Village steht nach wie vor im Gebrauch.

Hinzu kommen Veranstaltungen wie das „Human Rights Film Festival“, Open-Air-Kinovorstellungen im Sommer, regelmäßige Filmvorführungen, z. B. zusammen mit Events von Arts of the Working Class und Fotografiska oder im Atelier Gardens Film Club. So wird in den Atelier Gardens unter stets neuen Formen die Filmgeschichte immer weitergelebt. Um mehr über unsere aktuellen Aktivitäten und Veranstaltungen zu erfahren, schauen Sie gerne hier nach.

Vom Wiederaufbau und den ersten Fernsehproduktionen

Schneller Neustart nach dem Krieg

Mai 1945. Der zweite Weltkrieg endet in Deutschland. Die Filmstudios an der Oberlandstraße haben – wie viele andere Orte Berlins – einiges an Schäden erlitten. Trotzdem geht der Wiederaufbau so schnell, dass man kaum zwei Monate später im Juli schon mit den ersten Produktionen beginnen kann. Dabei handelt es sich vorerst um Synchronarbeiten.

Die ersten deutschen Produktionen finden bereits im Herbst 1946 statt. Innerhalb dieses ersten Nachkriegsjahres vervierfacht sich das Personal der ehemaligen Glashäuser von 36 auf 160.

Die Lage in den Tempelhofer Ateliers ist besonders. Anders als die sonstigen Produktionsstätten der Ufa liegen diese nämlich im amerikanischen Sektor. So gehören Werke wie Hitchcocks „Verdacht“ zu den ersten Synchronproduktionen dort. Der Auftrag kommt von den US-Behörden. Währenddessen wird in den anderen Ufa-Ateliers hauptsächlich sowjetische Propaganda betrieben.

Neue Technologien in der Oberlandstraße

Bis Mitte der 1950er Jahre hat man die vier Hallen in der Oberlandstraße wieder aufgebaut und sogar eine neue hinzugefügt. Im Fokus stehen nun zweierlei Aspekte. Einerseits die schon angesprochene Synchronproduktion: Zwei der Hallen werden explizit für Synchronarbeiten eingerichtet und ein separates Atelier soll allein diesem Zweck dienen. Das sogenannte „Dubbing-Village“ der Atelier Gardens wird bis in den heutigen Tag noch genutzt.

Zum anderen steht fortan auch der Farbfilm im Fokus. Denn obwohl die ersten Experimente mit Farbfilm schon Anfang des 20. Jahrhunderts stattfinden, muss man bis zum Ende des zweiten Weltkriegs warten, bis sich der Farbfilm tatsächlich in Deutschland verbreitet. Mit laut eigenen Angaben „den neuesten technischen Einrichtungen“ sehen sich die Ateliers der Oberlandstraße gerüstet für die Farbfilmproduktion. So wird der erste deutsche Nachkriegsfarbfilm „Schwarzwaldmädel“ 1950 teils auch in Tempelhof gedreht.

Eine goldene Ära für das Kino

Die Produktionsstätten der Oberlandstraße sind wieder ganz vorne dabei. Sowohl „Schwarzwaldmädel“ als auch der im Jahr darauf folgende Film „Grün ist die Heide“ ziehen in etwa 16 Millionen Zuschauer:innen in die Kinos. Von den 110 bundesdeutschen Filmen die 1955 produziert werden, sind 20 in den neu hergerichteten Tempelhofer Ateliers gedreht worden. Auch berühmte Namen wie Romy Schneiders oder ihrer Mutter Magda sind in diesen Jahren an dortigen Dreharbeiten beteiligt

Nicht nur in der Oberlandstraße blüht das Geschäft. In der ganzen Bundesrepublik läuft eine Hochzeit des Kinos an. 1957 werden dort 817 Millionen Kinotickets verkauft. Das sind fast siebenmal so viele wie im Vorcoronajahr 2019.

Das Fernsehen als Konkurrenz – oder doch als Chance?

Doch die Erfolgswelle nimmt so rasch wie sie zugenommen hat auch wieder ab. Schuld daran ist das immer beliebter werdende Fernsehen. Zwischen 1955 und 1957 wächst die Anzahl der „Fernsehteilnehmer“ von 100.000 auf über eine Million.

Für die Zukunft der Ateliers in der Oberlandstraße ist diese Entwicklung richtungsweisend. Denn auch das Fernsehen braucht Sendematerial. So werden in den Jahren 1957 und 1958 die fünf ersten deutschen Fernsehfilme für die ARD gedreht. Besonders erfolgreich sind diese Anfänge nicht. Doch das ist nur der Anfang der TV-Geschichte in Tempelhof. In den folgenden Jahren sollen hier noch große Produktionen wie Disneys „Emil und die Detektive“ oder diverse Karl-May-Filme gedreht werden.

Der Übergang zum Tonfilm: Die goldenen Jahre der Tempelhofer Ateliers

Nach dem explosiven Debut des Stummfilms Anfang des letzten Jahrhunderts stehen die zwei gewächshausähnlichen Gebäude der Oberlandstraße im Mittelpunkt der deutschen Filmproduktion. Sie werden am Ende des ersten Weltkriegs von der Universum-Film AG (Ufa) aufgekauft und nehmen eine so prominente Rolle ein, dass sogar Friedrich Ebert ihnen 1920 einen Besuch abstattet. Man bedenke, in demselben Jahr gibt es 510 deutsche Uraufführungen!

Die Produktionen der Oberlandstraße schaffen es in diesen Jahren sogar bis in die USA. Unter jenen erfolgreichen Titeln zählt man unter anderem „Anna Boleyn“ von Ernst Lubitsch oder „Der Golem, wie er in die Welt kam“ von Paul Wegener. Auch Kameramann und Filmregisseur Karl Freund ist in den Ateliers südlich des Tempelhofer Felds zugange. Mit seiner „entfesselten Kamera“ – einer Kamera, die sich frei durch Räume bewegen kann – prägt er kommende Generationen von Regisseuren auch über Deutschland hinweg.

Kaum wundert es einen, dass in diesen Hochzeiten des deutschen Films auch große britische Namen in der Oberlandstraße auftauchen. Mitte der 1920er ist dort zum Beispiel kein anderer als Alfred Hitchcock. Zu dem Zeitpunkt noch recht unbekannt, ist sein großes Talent in den Augen der Filmillustrierten „Lichtbild-Bühne“ schon damals erkennbar. Nur wenige Jahre später ist auch Edgar Wallace, der als Erfinder des modernen Thrillers gilt, zur Verfilmung seines Krimis „Der rote Kreis“ in Tempelhof.

Zunehmend starke in- und ausländische Konkurrenz

Doch ebenso schnell wie der Ruhm der Ateliers in der Oberlandstraße, kommt auch ihr allmählicher Abgang. Die großen Namen der Filmindustrie zieht es vermehrt in die USA, wo Hollywood sich zunehmend als Filmgigant etabliert. Lubitsch und Freund, aber auch Berliner Schauspielerin Marlene Dietrich machen dort alle Karriere.

Auch innerhalb der Republik bekommen die Tempelhofer Studios Konkurrenz. 1921 integriert die Ufa die Neubabelsberger Studios. Dort entwickelt sich Mitte der 1920er Jahre ein 8000 Quadratmeter-großes Atelier, mit dem jene der Oberlandstraße nicht mithalten können. Weitere solche Riesenstudios entstehen zu dieser Zeit auch in kleineren Städten, wie Johannisthal oder Staaken.

Zu laut für den neuen Tonfilm

Als problematisch entpuppen sich gegen Ende des Jahrzehnts die Nähe der Ringbahn und der an der Oberlandstraße angrenzende Flughafen. Der Grund dafür? Die Erfindung des Tonfilms, für den es ruhige Bedingungen braucht.

Bei dem Umstieg von Stummfilm auf Tonfilm hinkt die Ufa generell hinterher, doch als sie dann doch damit beginnt, stehen die Neubabelsberger Studios im Fokus. 1930 sind dort neun Ateliers für die Tonfilmproduktion ausgestattet. Währenddessen werden die zwei Tempelhofer Glashäuser an ausländische und weibliche Produzent:innen vermietet.

Nichtsdestotrotz – und mehr schlecht als recht – werden allerdings auch hier schon Ende der 1920er Jahre die ersten Tonfilmproduktionen gedreht. Nennenswert ist zum Beispiel von Bolváry’s „Zwei Herzen im ¾ Takt“, eine Tonfilmoperette die 1930 erscheint.

Erst 1931 startet dann der Umbau auf den Tonfilm in der Oberlandstraße. Die Glashäuser müssen schalldicht gemacht werden: um den Glasbau muss eine Art Mantelhalle aus Stahl, Beton und Ziegeln gebaut werden, und das Dach muss mit einer weichen, geräuschdämmenden Schicht versehen werden. Das kostet die Ufa 280.000 Reichsmark – welche heute etwa 1,2 Millionen Euro entsprechen.

Ein durchwachsener Ausblick

Trotz des Umbaus ist es der Beginn einer düsteren Zeit für die Ateliers der Oberlandstraße. Mit der Machtübernahme der Nationalsozialisten vermehrt sich die Auswanderung der Produzent:innen, Schauspieler:innen, und Regisseur:innen. In 1937 wird die Ufa dann von der Partei aufgekauft und ist wie allerorts von der Gleichschaltung und Filmzensur betroffen. Auch die Bombardierung im zweiten Weltkrieg ab 1943 richtet auf dem Ateliergelände Schaden an.

Die nächsten großen Meilensteine können die zwei Filmproduktionsstätten erst nach dem Ende des Krieges fortsetzen. Synchron-Studios und TV-Produktionen, mit Dauermietern wie dem ZDF.

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